Jeanette Cohen
Foto: Stadtarchiv/Sammlung Robers
10. März (oder 22. März oder 18. April) 1857 in Vreden – 26. Januar 1942 in Südlohn
Jeanette Cohen wurde am 10. März 1857 (laut Grabstein), oder am 22. März 1857 (laut Finanzamtsakten), oder am 18. April 1857 (Vredener Meldekarte und Südlohner Sterbebuch) geboren. Sie war eines der 15 Kinder des Kaufmanns Bernard Levy Cohen und seiner Frau Hannchen (geb. Leffmann) und blieb ihr Leben lang ledig. Jeanette war Geschäftsinhaberin eines Manufakturwarengeschäft in der Wüllener Straße 9 (früher 208).
Am 24. Januar 1934 adoptierte sie Anna Albersheim (später verh. Uhlmann), die Tochter ihrer Nichte Rosa Albersheim. Zusammen mit Anna, Rosa und einigen Hausangestellten wohnte sie in einem großen Haus mit 14 Zimmern.
Anna erinnerte sich, dass Jeanette Latein beherrschte und viele Bücher in verschiedensten Sprachen besaß. „Die Cohens waren erfolgreich. Es ging ihnen finanziell recht gut, jedoch verloren sie Geld und Aktien während der Inflation. Das Haus und Ackerland blieben im Wert. Somit fing meine Tante wieder ein Geschäft an, nachdem sie alle Rentner waren. Ich erinnere mich, daß wir unser Ackerland wieder selbst bebauten, nachdem es vorher ausgemietet war.“, erzählt Anna.
In der Pogromnacht 1938 wurde das Wohn- und Geschäftshaus verwüstet, sodass es unbewohnbar war. Unter Zwang musste sie ihr Warenlager und ihr Haus verkaufen und wohnte bis zum 1. Oktober 1939 im Haus der Familie Wolff in der Neustraße 17.
Danach konnte die 81-Jährige im Krankenhaus in Südlohn untergebracht werden. In Vreden durfte sie nicht untergebracht werden, da die NSDAP-Ortsleitung dies untersagte. Gegenüber den pflegenden Schwestern habe sie Hoffnung ausgedrückt: „Gott wird mich nehmen, damit ich nicht verschickt werde, denn ich möchte in Vreden begraben werden.“ So lautete eine Mitteilung der Schwestern nach an Anna Uhlmann (geb. Albersheim).
Am 26. Januar 1942 starb Jeanette Cohen in Südlohn an Altersschwäche und einer Lungenentzündung. Ihre Überführung nach Vreden wollte zunächst niemand übernehmen, sie geschah schließlich bei Nacht mit Hilfe eines Vredener Fuhrmanns. Über eben diese Überführung schrieb der Vredener Autor Aloys Terbille das eindrucksvolle plattdeutsche Gedicht „Kippkaore“.
Jeanette wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof in der Berkelaue im zwölften Grab bestattet. Auf ihrem Grabstein ist eingraviert: „Jeanette Cohen. 10.3.1857, 26.1.1942, Familie Cohen in Vreden 1730-1939“.
Wohn- und Geschäftshaus Familie Cohen (rechts mit Schaufenstern).
Foto: Stadtarchiv Vreden Sammlung Robers